Carte Blanche: Roberto Domeniconi

Brigitta Grimm03-10-20255 min. Lesedauer

Roberto Domeniconi gehört zu den neun Künstler*innen, die vom Moods eine Carte Blanche für die Saison 24/25 erhalten haben. Die Carte Blanche wird an herausragende Musiker*innen der Schweizer Jazzszene vergeben und bietet ihnen die Möglichkeit, ihr aktuelles Musikschaffen weiterzuentwickeln und Neues auszuprobieren. Roberto Domeniconi erzählt uns, was man an seinen Abenden hören wird und wie sie seine Arbeit als Pianist und Musiker widerspiegeln.

Der erste Abend seiner Carte Blanche-Reihe fand bereits statt: Das elektronisch-akustische Jazztrio «In Between Plus» bestehend aus Bruno Spoerri, Roger Girod und Julian Sartorius traf auf das energetische Quartett «Rapid Ear Movement» von Roberto Domeniconi, Flo Götte, Steve Buchanan und Francesco Miccolis. Man ging durch konventionelle Harmonien, Synth-Melodien, Noise und Grooves. Ein Abend, der uns auf die kommenden neugierig macht. Glücklicherweise folgen Ende April gleich drei weitere – ein kleines Roberto Domeniconi Festival.Der vielseitige Musiker, der in Schaffhausen aufgewachsen ist, aber schon seit 1997 in Zürich lebt, stammte nicht aus einer klassischen Musikerfamilie. Vor allem prägten ihn das Radio, wo er über Kurzwelle von Musik rund um den Globus begeistert wurde, später die Schallplatten seiner Eltern, die seines älteren Bruders, und dann die selber gekauften.Der vielseitige Musiker, der in Schaffhausen aufgewachsen ist, aber schon seit 1994 in Zürich lebt, stammte nicht aus einer klassischen Musikerfamilie. Vor allem prägten ihn das Radui, wo er über Kurzwelle von Musik rund um den Globus begeistert wurde, später die Schallplatten seiner Eltern, die seines älteren Bruders, und dann die selber gekauften. «Ich habe immer gerne Musik gehört und gespielt und damit alle Nachbarn zur Verzweiflung gebracht.» «Ich habe dauernd Musik gehört und am Klavier am liebsten einfach drauflos gespielt und damit meine Nachbarn zur Verzweiflung gebracht.»  An der Kantonsschule, kam er über die «Sept Pièces Brèves» von Arthur Honegger auf die moderne Klassik – es habe plötzlich 'klick‘ gemacht, diese politonalen Klänge und Dissonanzen haben ihm riesige Fenster geöffnet.  Es folgten schliesslich mehrere Begegnungen mit Irène Schweizer und Studien in Übersee bei  Dean Earl, Ed Tomassi und Tom Rhea. Domeniconi ist aus dem Schweizer Jazz nicht mehr wegzudenken.Die vier Abende, die Domeniconi geplant hat, unterscheiden sich thematisch voneinander. Der oben genannte erste Abend war der elektronischen Musik gewidmet. Der zweite Abend gehört dem Grossen Bären, der dritte der Band «Le String Blö» und zuletzt schliesst seine Carte Blanche-Reihe mit einem akustischen Abend «Weber–Künzi–Domeniconi».Die Besetzungen reichen von Solo bis zu grösserem Jazzensemble, die musikalischen Ansätze von komponiert bis ganz frei improvisiert. Gerade letzterer ist ein wichtiger Aspekt seiner musikalischen Arbeit. Denn die grösste Faszination findet Roberto Domeniconi im freien Zusammenspiel, also dort, wo man nicht schon vorher weiss, was kommt.
«Es geht darum, den Nerv der Musik zu erwischen. »
Roberto Domeniconi
Von Improvisation und «Instant Composing»
«Alle diese Gruppen bewegen sich in ganz verschiedenen Welten. Die meisten spielen ganz frei, aber es entsteht immer ein ganz anderer Kosmos.» Jede Besetzung habe ihre eigenen musikalischen Erfahrungen und erhalte somit ihre eigene Identität und Ästhetik, erklärt Roberto Domeniconi. Es gehe darum, eine Stimmung im Augenblick kollektiv zu erfassen, die Spannung zu halten und weiterzuentwickeln. «Freie Musik ist eigentlich nur bis kurz vor dem ersten Ton frei. Danach ist schon so vieles da. Da ist schon so viel Information. Damit kannst du nicht irgendetwas machen, sondern nur das Richtige. Aber gleichzeitig gibt es ein Meer von Richtigem. Es geht darum, in jedem Moment den ‹Nerv› der Musik jederzeit zu fühlen und zu treffen. Das ist die grosse Herausforderung. Sie macht mir auch manchmal Angst.»
Man brauche dafür ein kollektives Verständnis für die Form, den Klang und dafür, was die Musik braucht – oder was nicht, erklärt Roberto Domeniconi. Das verlangt den Musiker*innen eine ungeheure Aufmerksamkeit ab. Das alles klingt noch zu abstrakt? Wie sich solche Ansätze auf verschiedene Kombinationen an Musiker*innen und verschiedene Grade der Komposition auswirken, kann man natürlich live an den Carte Blanche Konzerten erleben.22.04.2025: Hans Koch Solo
Roberto Domeniconi und Hans Koch kennen sich schon seit 30 Jahren und lernten sich noch in Schaffhausen kennen. Er sei für ihn ein «Vorbild für musikalische Konsequenz, also dafür, dass man musikalisch eigenständige Wege sucht und konsequent auf seiner Vorstellung beharrt – und dennoch weit offen bleibt». Koch ist Orchestermusiker, Klarinettist, Saxophonist «und ein extrem kreativer Mensch», meint Domeniconi. Er verweist auf den Monat, den das legendäre Trio Koch-Schütz-Studer (mit Martin Schütz am Cello und Fredy Studer an den Drums) in der Schlosserei Nenninger bestritten hatte, an dem sie jeden Abend ein Konzert spielten. Sich dreissig Tage lang nicht zu wiederholen, sei eine riesige Herausforderung, so Domeniconi. Daraus entstand der Dokumentarfilm «30 Tage in Zürich» von Peter Liechti.
Hans Koch war auch mal kurzzeitig Dirigent des ‹Bären›. Da passt die Kombination an diesem Abend umso mehr!
22.04.2025: Der Grosse Bär
It all started at Bazillus in 2011 with composed pieces that contained open improvisation parts. Composition and improvisation were meant to work independently, alongside and with each other. Gradually the musicians began to improvise more and more, gaining experience as a collective. After the closure of Bazillus, Der Bär moved on to Klubi and now resides at Pablo Assandri's institute, where it plays every last Thursday of the month, except in the summer. During the pandemic, Der Grosse Bär visited Moods for a three-day residency followed by a stream, which you can watch here:
27.04.2025: Le String Blö
Die beiden Bandleader und Komponisten Sebastian Strinning und Lino Blöchlinger lernten sich an der Hochschule für Musik in Luzern kennen und begannen 2015 ihre musikalische Zusammenarbeit im Duo. Daraus entstand die Vision, eigene Kompositionen mit viel Spielraum für Improvisation zu kreieren. Als das Duo zum Quintett wurde, war Roberto Domeniconi von Anfang an mit dabei, ursprünglich zusammen mit Christian Weber und Emanuel Künzi, inzwischen mit Urban Lienert und Reto Eisenring. Es dichter, heftiger Sound, gespickt mit introspektiven, ruhigen Momenten.
28.04.2025: Jan Schlegel Solo
Auch Jan Schlegel und Roberto Domeniconi kennen sich schon lange, haben aber erst spät begonnen, miteinander zu musizieren. «Ich finde ihn eine Koryphäe in der Impro-Musik!» Von Jazz über Rock bis Noise – Schlegel kennt man etwa vom Legfek-Trio mit Peter Landis und Urs Blöchlinger, oder von Gabriela Friedlis «Objets trouvés» mit Co Streiff und Dieter Ulrich. Der Bassist wandte sich vor ein paar Jahren aber auch der Oud, der arabischen Laute, zu und hat diese aber bisher nur selten öffentlich gespielt. Dieses Solo-Set ist also eine kleine Premiere.
28.04.2025: Weber–Künzi–Domeniconi
Bei der Improvisationsmusik wird viel und fest zugehört. Man spielt zwar einfach, aber ein gutes, tiefes Vertrauen ist nicht zu unterschätzen. Das wird vor allem bei diesem Trio hör- und spürbar. Piano, Bass und Schlagzeug – akustisch, frisch und voller Energie.

Roberto Domeniconis Carte Blanche-Abende

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    • Hans Koch Solo

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    • Der Grosse Bär

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