Nicole Johänntgen – mit Tanz und Tiefgang ins Labyrinth

Ruedi Ankli01-23-20252 min. Lesedauer

«Labyrinth II» ist die Studio-Fortsetzung des ersten Albums dieses Trios der Saxophonistin Nicole Johänntgen, das 2023 in den Radio-Studios in Basel eingespielt wurde: ein reich gestaltetes Werk, das gleichzeitig Tiefgang und tanzbare Momente offenbart.

Es ist das 28. Album der deutschen Alt- und Sopransaxophonistin Nicole Johänntgen seit 1999, weitere vier sind bereits in der Pipeline. Zu ihrem beachtlichen Curriculum gehören diverse Auszeichnungen, Tourneen «all over the world» und auch das 2013 gegründete Programm «SOFIA Support of Female Improvising Artists» in der Schweiz und – als stolze Mutter – die Gründung des «Kids Jazz Clubs». Ausserdem ist sie auch als Saxophon-Influencerin in den sozialen Medien aktiv.

Eine ungewöhnliche Besetzung
An ihrer Seite im aktuellen Trio wirken der amerikanische Tubist Jon Hansen und der Schweizer Drummer und Perkussionist David Stauffacher, ein Globetrotter, der sein Handwerk mit Studienreisen nach Kuba, Brasilien und in den Senegal bereichert hat. Diese drei ausserordentlichen Persönlichkeiten trafen 2023 im Radio-Studio Basel zu einem einmaligen Live-Set aufeinander und es entstand Lust auf mehr. In monatelanger Arbeit haben die zwei Musiker und die Bandleaderin an den dreizehn neuen Songs gearbeitet, bevor sie diese Ende Juli 2024 unter der Regie von Hansen im Be-Jazz Club Bern aufnahmen. Der Auftakt mit «With Love» gibt das Motto für die ganze Reise durch das Labyrinth vor, das dem Trio als Metapher für sein Verständnis gilt: «Sie wandeln dem Zentrum entgegen und bewegen sich wieder weg. Es ist ein Wechselspiel voller Emotionen». Es geht also nicht primär darum, ins Zentrum des Labyrinths zu gelangen. Vielmehr ist der Weg das Ziel.

Elefantentanz auf samtenen Füssen
Der nachfolgende Song ist gleich ein kleines Bijou dieses Wandelns. «Elephant Walk» ist ein durchaus tanzbarer Song, in dem die Tuba den Marsch bläst, pardon, die Route vorgibt. Begeisternd ist das virtuose Spiel von Johänntgens Sax, während sich Stauffacher kongenial zurücknimmt und sich hier wie auf allen Songs immer sehr dezent, aber prägnant ausdrückt. Groove ist ein Schlüsselwort für die meisten der Songs, die den Zuhörer unweigerlich an die frühen Tage des Jazz erinnern, bevor sich der Kontrabass als rhythmisches Rückgrat immer deutlicher durchsetzte. Hansen ist aber nicht einfach ein Rhythmus-Geber, sein Spiel tritt oft in einen Dialog mit den melodischen Linien des Saxophons ein. Auf «Hark» bietet der Posaunist ein wunderbares Solo, das wie eine Hommage an das Alphorn klingt. Auch Stauffacher belebt das Album, das ausschliesslich Kompositionen der Bandleaderin bringt, mit der Komposition «Colores», auf welcher er in einem melodiösen Solo alle Register seines umfassenden Schlag-Repertoires zieht. Auf ”Pandeiro, Sing It Baby» hält er die kleine Rahmentrommel mit Schellenkranz aus dem Umfeld des Sambas dem Gesang Johänntgens entgegen. Erwähnt seien noch eine Hommage an den grossen Free-Jazz-Bluesman Arthur Blythe «In Honor of Arthur Blythe» und eine packende Visitenkarte Johänntgens in «The Voice of the Saxophone», einem kurzen Solo voller Emotionen.

Ruedi Ankli, jazz'n'more

Dieser Artikel erschien in der Jan/Feb 2025-Ausgabe des Jazz'n'more-Magazins. Mehr Infos & Abos: jazznmore.ch

Nicole Johänntgen im Moods

  • Album Release «Labyrinth II»

    • Nicole Johänntgen

      JazzGroove Jazz