Carte Blanche Simon Grab

Brigitta Grimm05-24-20243 min. Lesedauer

Es knistert, blitzt, zischt – dazwischen bewegt sich eine dunkle Figur. An Simon Grabs erstem Carte Blanche Abend geht’s fast schon düster zu und her. Zusammen mit Paula Monesterolo, Miranda Codesal und Jonathan Jäggi entstand eine Performance, die Musik, Tanz und Live-Projektionen zu einem Organismus verbinden. Die zentrale Frage: Was geschieht mit Ökosystemen, deren Lebensräume durch den Menschen gestört, zerstört und ausgebeutet werden?

Im Rahmen der Moods Carte Blanche und dem Videoex Festival für Experimentalfilm tauchen wir am 25. Mai 2024 in die Soundwelt von Simon Grab ein. Als Sounddesigner und Komponist produziert er Musik für Film, Theater, Tanz und Radio und nutzt Räume als akustische Spielplätze – wie auch den Kunstraum Walcheturm. Seine Musik ist dark, pulsierend, noisy und basiert auf technischen Fehlern – «Errors» –, Feedback und Klangmaterial, das nicht immer gewollt ist.Erst haben es ihm in der Jugend Punk und Hardcore angetan (er spielte zu Gymi-Zeiten in einer Band mit Nik Bärtsch und Kaspar Rast), aber über Hör- und Klangexperimente beim Radio LoRa in den 1990er-Jahren begann er mit elektronischer Musik zu experimentieren. Als er dann in England Jungle und Drum'n'Bass für sich entdeckte, gab es aus der experimentellen Elektronik kein Zurück mehr.Simon Grabs Kompositionen sind sowohl von neuer klassischer elektronischer Musik der 1950er- bis 1970er-Jahre geprägt, wie auch von Techno, Dub und Noise und allem, was Grenzen verwischen mag. Es geht ihm in seiner Arbeit vor allem darum, die Technik und sein Equipment als offenes Werkzeug zu betrachten. Weg vom starren Maschinendenken, weg von Konventionen und sauberen Methoden hin zu den Lücken, Fehlern und radikalem Umdenken.
Fractura
Wie klingt es wohl unter der Erde, wenn sich Öl aus Schiefer löst?
Was geschieht mit den Ökosystemen, die kapitalistischer Ausbeutung unterworfen sind?
Wie passt sich ein Lebewesen einem neuen Raum an?
Fractura ist eine einstündige szenische und immersive audiovisuelle Erkundung von Organismen, die im von Simon Grab geschaffenen Klangraum entstehen, diesen wahrnehmen und entdecken.Das Stück handelt von der Zerstörung der Ökosysteme durch kapitalistische Extraktionsverfahren. Gerade Fracking dient hier als Beispiel. Diese besonders problematische Ölfördermethode ist zwar in vielen Ländern bereits verboten, wird jedoch noch immer in Argentinien, dem Heimatland der Choreographin Paula Monesterolo und der Tänzerin Miranda Codesal, verwendet. So beispielsweise in der Vaca-Muerta-Formation in der Provinz Neuquén, wo sich Fracking direkt auf die Biota und die Bevölkerung auswirkt und zu prekären Lebensbedingungen für Mensch und Umwelt führt.
Musik
Durch Simons rohe Klänge erschafft Fractura eine Dystopie, einen Raum, in dem ein Bruch im natürlichen Gleichgewicht auftritt, in dem das Leben giftig wird. Eine dichte und laute Atmosphäre erweckt eine Kreatur zum Leben: Eine Cyborg, der aus diesen Tiefen geboren wird.
Choreographie
Die Erzählung konzentriert sich auf diesen Körper, der, um sich in diesem neuen Ökosystem zurechtzufinden, verschiedene Zustände, Stimmungen und Herausforderungen durchläuft.
Visueller Raum
Die visuellen Darstellungen von Jonathan Jäggi zeigen Landschaften virtuell und verpixelt, um den Eindruck eines sich ständig «aktualisierenden» Raums zu erwecken. Die Kreatur erkundet diesen neuen Raum, indem sie entweder von der Leinwand umrahmt wird oder sich selbst in sie hineinprojiziert.
Die Aufführung findet im Rahmen des Videoex Festivals statt. Videoex ist das grösste Experimentalfilm-Festival der Schweiz. Vom 23. Mai bis 2. Juni zeigt Videoex Filme und Videos jenseits des konventionellen Erzählkinos: experimentelle, visuell überraschende, konzeptionell unerwartete oder kontrovers politische Filme und Videos an der Schwelle zwischen bildender Kunst und Film. Daneben treten unter «Expanded Cinema» auch vier Live-Acts auf.Wir sind schon gespannt darauf, was Simon Grabs Carte Blanche sonst noch für uns bereithält.

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  • Carte Blanche

    Simon Grab – Videoex im Walcheturm

    • Fractura

      ExperimentalElectronic / PartyElectronic

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