Carte Blanche: Patrick Sommer

Brigitta Grimm11-06-20256 min. Lesedauer

Seid ihr nicht auch immer wieder überrascht, was für tolle Musik und Musiker*innen die kleine Schweiz zu bieten hat? An Patrick Sommers Carte Blanche bewandern wir Grenzen der Schweizer Volksmusik, hören Jazz mit marokkanischer Basslaute und heissen Grooves.

Ganz ehrlich: Diese Gespräche mit den Carte Blanche-Künstler*innen zu führen ist ja an sich schon spannend, aber besonders toll finde ich, dass ich dabei so viel Neues über die Schweizer Musiklandschaft lerne. Und kaum jemand kennt sich in so vielen Ecken der Schweizer Musik aus wie der Bassist Patrick Sommer.Patrick Sommer begann seine musikalische Laufbahn eigentlich mit dem Saxophon doch der Ruf der Tiefe liess in da schon bis zum Baritonsaxophon hinabsteigen. Als er dann als jugendlicher Rock-Fan Led Zeppelin und dergleichen hörte, musste er sich schliesslich eingestehen: «Wenn ich die Musik spielen möchte, die ich selber höre, dann habe ich das falsche Instrument.» Und so landete er beim Bass. Es folgten ein Bassstudium, ein Stipendium in Los Angeles und bald war Patrick Sommer nicht mehr aus der Schweizer Musikszene wegzudenken.Der Reiz der tiefen Töne
Patrick Sommer hat sich bis heute nicht auf einen Stil spezialisiert. Das sei aber gerade das besondere am Bassistendasein, erklärt er, dass man dadurch zahlreiche verschiedene musikalische Begegnungen machen könne. Aktuell schätzt er die Zahl aktiver Projekte auf 15, wobei zahlreiche weitere schlummern – und er zu allem hin noch Familienvater von vier Kindern ist.
Wer sich kurz mit Patrick Sommer auseinandersetzt, dem wird auffallen, dass er sich nebst E- und Kontrabass und Tuba auch noch ein weiteres Bassinstrument angeeignet hat: Eine marokkanische Guembri, die ihm Reto Suhner einst spontan schenkte. Das Instrument habe erstaunlich viel neue kreative Energie freigesetzt, erzählt Patrick Sommer begeistert: «Meine gewohnten Herangehensweisen haben bei der Guembri natürlich nicht funktioniert, ich musste anders damit umgehen. Ganz viele Stücke sind damit entstanden und sie hat auch verändert, wie ich mit dem Kontrabass arbeite.»Die Guembri findet vor allem in der nordafrikanischen Gnawa-Tradition Gebrauch. Eine der wenigen weiblichen Vertreterinnen dieser religiösen Musikrichtung ist Asmâa Hamzaoui, die 2023 im Moods auftrat:
Patrick Sommer wendet allerdings ein, er wolle aber nicht bloss die Gnawa-Tradition imitieren, sondern stattdessen das Instrument in die westliche Musik übertragen und somit einen Weg begehen, den sonst noch niemand betreten hat.Neue Wege zu begehen ist für Patrick Sommer sowieso ein zentrales Bestreben. «Wenn man mich fragen würde, was ich am liebsten machen würde, wenn es keine Musik mehr gäbe, wäre es etwas wie Prototypen entwickeln. Etwas zu entwickeln oder in einem Prozess dabei zu sein, in dem etwas entsteht, das finde ich toll. Die intensivsten Momente habe ich bei Proben oder auf der Bühne, wenn Sachen entstehen, die man vorher so noch nicht erlebt hat, die es vorher so noch nicht gab.»Die Carte Blanche
Was erwartet uns also an seiner Carte Blanche? Zum einen ist Patrick Sommer als Bassist vor allem Sideman, was bedeutet, dass er also meist den musikalischen Visionen anderer Bandleader*innen folgt. Zum anderen gibt es ein paar Projekte, die er co-leitet, etwa das Duo mit Töbi Tobler oder die Band ChaChaMania mit Michael Bucher. «Die Carte Blanche gab mir den Anstoss, etwas Neues aus dem Boden zu stampfen, das ich alleine präge - vor allem mit der Musik, die ich selber dafür schreibe.» Musik zu komponieren, aufzunehmen und zu produzieren (wie etwa sein Solo-Album «Planet Bass») sei immer das eine, aber sie dann auch auf die Bühne zu bringen sei ein erheblicher weiterer Energieaufwand, so Patrick Sommer. Somit hören wir also an seinen drei Carte Blanche-Konzerten vor allem Musik, die aus der Perspektive der Bassinstrumente geschrieben und stark von ihr geprägt wurde.
Töbi Tobler & Patrick Sommer mit Reto Suhner
Sonntag, 09. November 2025, 19:00 Uhr
Das Duo von Töbi Tobler und Patrick Sommer besteht schon seit einigen Jahren, 2020 erschien ihr erstes Album «Töbi Tobler / Patrick Sommer». Kennengelernt haben sich die beiden über den Gitarristen Max Lässer in dessen Überlandorchester sie beide schon «eine Weltmusik mit klarem Alpenländischen Bezug» spielten. Diese gemeinsame musikalische Ausrichtung blieb dann auch im Duo weiterhin bestehen.Es überrascht vor allem, dass Töbi Tobler ursprünglich gar kein Volksmusiker ist, auch wenn der Anschein mit Hackbrett und traditionellen Stücken dies vermuten lässt. Tatsächlich spielte er zuerst Melodika, dann Handorgel und Schlagzeug – bis er zum 20. Geburtstag ein lang ersehntes Hackbrett geschenkt bekam. Aber auch dann fand er seinen eigenen Weg, spielte Pink-Floyd-Covers oder trat im Duo mit Ficht Tanner als Appenzeller Space Schöttl auf. Wer einmal in dieser Musik zu stöbern beginnt, wird kaum satt werden. Es lohnt sich darum, in den alten Aufnahmen auf Töbi Toblers Webseite herumzustöbern!
2024 erschienen dann die «Einfache Stücke in schwierigen Zeiten». Für dieses Album nahm Töbi Tobler traditionelle Stücke auf, die Patrick Sommer dann mit seinen Bassinstrumenten in einen neuen Kontext setzte. Gerade auch mit der Guembri entstehe eine ganz andere Atmosphäre, ein Groove. Schliesslich gesellte sich dann auch Reto Suhner dazu, der ein regelrechtes Sammelsurium an exotischen Blasinstrumenten besitzt und beherrscht. In diese Klangfarben getüncht entsteht also Musik mit klar schweizerischen Wurzeln, die durch die ungewöhnliche Instrumentierung in immer wieder anderem Schimmer aufleuchtet.
Patrick Sommer Quintet – Momentum
Donnerstag, 13. November 2025, 20:30 Uhr
Drei Bläser*innen, ein Schlagzeug, ein Bass – An diesem Abend wird es jazzy. Allerdings hat sich Patrick Sommer hier etwas überlegt: «Bei Bigbands beispielsweise ist ja sehr viel Struktur und Kontrolle im Spiel: Man weiss, wie lange die Stücke sind, wer das Thema spielt und wer welche Rolle übernimmt. Aber wie vorhin gesagt: ich empfinde es als intensiver, wenn niemand vorher ganz genau weiss, was er wann machen wird. Und das ist quasi das Konzept dieser Band.» Dafür habe er bewusst einfache Stücke komponiert, die den Musiker*innen wiederum viele Freiheiten lassen. Als Instrument der Rhythmusgruppe, habe man traditionellerweise immer auf die Solisten zu reagieren: Man intensiviert das Gespielte, lässt Raum oder kontrastiert und verändert so die Gestalt der Musik. Diese Erwartung stellt Patrick Sommer nun an die Bläser*innen: «Ich möchte, dass sie dauernd voll dabei sind und das Geschehen mitprägen und entscheiden, ‹Braucht es mich jetzt hier, damit wir einen Akkord bilden? Muss ich hier eine Guideline spielen? Soll ich hier jetzt die Melodie übernehmen?› Jeder oder jede kann das Thema aufnehmen.»Das bedeutet, dass sich alle Musiker*innen gegenseitig gut spüren, sich Platz geben, wenn nötig, aber auch Platz einnehmen dürfen. «Wenn ich etwas durchkomponiere, schalte ich in einer Weise auch die Ideen der anderen aus», führt Patrick Sommer fort. «Bleibt der Rahmen offen, kommen auch ihre Inputs dazu, die wiederum die Stücke weiterbringen.» Bei dieser glänzenden Besetzung mit Charlotte Lang, Bastien Rieser, Christoph Grab und Pius Baschnagel möchte man auch nur ungern auf so wertvolle Beiträge verzichten.
Patrick Sommer Sextet – Rhythm Creature
Donnerstag, 11. Dezember 2025, 20:30 Uhr
Auch dieses Line-Up glänzt mit den Namen Dave Feusi, Michael Bucher, Peter Wagner, Kaspar Rast und David Stauffacher - und das nicht von ungefähr. Patrick Sommer, der selbst einen starken Groove-Musik-Background hat, wählte diese Musiker bewusst aus, denn für ihn als Bassisten sei es erfüllend, wenn es groovt: «Groove erhält erst eine gewisse Intensität, wenn man ihn trancemässig wachsen lässt. Da braucht man die richtigen Leute, die ein gemeinsames Verständnis dafür haben.»Auf die Frage, warum er seine Band «Rhythm Creature» genannt habe, erklärt Patrick Sommer: «Die Band heisst so, weil ich mir vorstelle, dass dieses Ensemble, bei dem es um Groove und Trance geht, zu einer Rhythmus-Kreatur verwachsen sollte, zu einem Band-Organismus, zu einem pulsierenden Miteinander.»

Patrick Sommers Carte Blanche-Abende

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    • Töbi Tobler & Patrick Sommer mit Reto Suhner

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    • Patrick Sommer Quintet – Momentum

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    • Patrick Sommer Sextet – Rhythm Creature

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